Peter war Mitte September beruflich in Chicago, also nutzte ich die Gunst der Stunde und flog Freitagfrüh für ein verlängertes Wochenende nach. Ich bin seit Anfang Jänner das erste Mal wieder geflogen. Es war zwar eine kleine Herausforderung vom Betreten des Flughafens in Denver bis Downtown Chicago eine Maske zu tragen, aber trotzdem ging es besser als gedacht. Die Flugzeuge sind nun in den USA wieder komplett voll und dass der Mittelsitz freigelassen wird, ist schon wieder Schnee von gestern. In Chicago sind die Menschen in Bezug auf Masken genauso wie in Colorado sehr diszipliniert und in Innenräumen bzw. auch draußen, wenn keine zwei Meter Abstand gehalten werden können, wird eine Maske getragen.
In Chicago hatten wir perfektes Wetter mit ca. 20 Grad Celsius. Chicago besucht man am besten im Frühling oder Herbst, da die Winter extrem kalt und die Sommer sehr heiß sind. Die Stadt wird außerdem „Windy City“ genannt, da oftmals der Wind geht. Doch auch hier hatten wir Glück 🙂
Wir sind zwar überhaupt keine Stadtmenschen, aber Chicago hat uns beide sehr gut gefallen. Es gibt sehr viele Grünflächen und es ist offensichtlich, dass es eine sehr junge Stadt ist. Nachdem die gesamte Stadt im Oktober 1871 niedergebrannt ist, wurde sie mühevoll wiederaufgebaut. Man merkt aber, dass für den Wiederaufbau ein ausgefeilter Plan verwendet wurde, der dazu führte, dass Chicago ein architektonisches Meisterwerk wurde. Besonders gefallen hat es mir, dass im Vergleich zu anderen Großstädten weniger Autos unterwegs waren. Als Tourist kann man den Stadtkern und die meisten Sehenswürdigkeiten problemlos zu Fuß erreichen. Wir haben die U-Bahn nur zweimal verwendet, nämlich vom und zum Flughafen. Außerdem fühlte sich Chicago im Vergleich zu anderen Städten weniger einengend an. Es gibt viele Grünflächen, breite Straßen und sehr viele Rad- und Fußgängerwege. Vor allem der Riverwalk entlang des Chicago River und der Lakefront Trail entlang des Lake Michigan laden zu entspannten Spaziergängen oder zu sportlichen Aktivitäten ein. Lustig ist es auch, dass uns der Lake Michigan auf Grund seiner Größe vorkam wie ein Meer. Als wir an der Lakefront entlang spaziert sind und ein paar Sandstrände passiert haben, kam es uns so vor, als wären wir wieder in Miami Beach.
Wir verbrachten unseren Aufenthalt hauptsächlich damit durch die Stadt zu spazieren. Leider war der Navy Pier gesperrt und in den gratis Lincoln Zoo kommt man derzeit nur mit Reservierung, dennoch waren das die einzigen zwei Punkte, die uns auf Grund von COVID eingeschränkt haben. Normalerweise nehmen wir selten an Führungen teil, aber in Chicago beschlossen wir, eine der berühmten Architektur-Bootsfahrten auszuprobieren. Und überraschenderweise haben wir es alles andere als bereut. Wir hatten einen tollen Guide, der uns die Architektur und Geschichte Chicagos nähergebracht hat. So lernten wir, woher der Name Chicago eigentlich kommt. Chicago leitet sich vom indianischen Wort „Checagou“ ab, welches grob übersetzt stinkende Zwiebel bedeutet. Grund für diese Namensgebung ist, dass die Abfälle und Abwasser der Stadt lange Zeit im Chicago River landeten und somit die Stadt einen unangenehmen Geruch entwickelt hat. Der Geruch hat sich zum Glück gelegt, der Name jedoch blieb.
Während der Bootstour erfuhren wir auch viel über die verschiedenen Baustile der Stadt. Viele Gebäude, die früh wiederaufgebaut wurden, sind von den damaligen Stilen aus Europa beeinflusst worden. Je jünger die Gebäude, umso langweiliger/einfacher wurden sie 😉 Da der Chicago River mitten durch die Stadt fließt, gibt es in Chicago logischerweise viele Brücken. Im Herbst, wenn die Boote vom Lake Michigan für den Winter reingeholt werden, werden diese Brücken sehr oft gesperrt und für ein paar Minuten hochgefahren, damit die (Segel-)Boote durchfahren können. An dem Wochenende, an dem wir in Chicago waren, haben wir leider keine offenen Brücken gesehen. Da das Wetter noch so schön war, vermuten wir, dass jeder sein Boot erst zu einem späteren Zeitpunkt eingewintert hat. Der Chicago River ist außerdem berühmt, da er jedes Jahr zum St. Patrick’s Day grün eingefärbt wird. Während vor Jahren noch recht giftige Farben dafür verwendet wurden, wird heute behauptet, dass es sich um eine natürliche Lebensmittelfarbe handelt.
Kaum wird es dunkel in Chicago, verwandelt sich die Stadt in eine Party-City. Es gibt sehr viele Restaurants und Bars und wem das zu langweilig ist, der mietet sich eines der vielen Party-Boote und feiert mit lautstarker Musik auf dem Chicago River. Wir genossen die nächtliche Atmosphäre der Stadt zwar nicht am Chicago River, aber neben dem Fluss am Riverwalk. Sehr sympathisch wurde mir die Stadt vor allem als ich gemerkt habe, dass jedes Restaurant Cocktails auf der Getränkekarte hatte. Und noch sympathischer wurde sie mir, als ich merkte, dass es nicht nur akzeptiert, sondern auch von den meisten praktiziert wurde, sich nicht nur zum Abendessen, sondern auch zum Mittagessen einen Cocktail zu bestellen!
Nachdem ich nun so viele Wörter benutzt habe, um Chicago zu loben und von der Stadt zu schwärmen, muss ich nun doch einen negativen Punkt anführen. Ich bin mir sicher, dass viele Amerikaner nicht mit mir übereinstimmen, aber wir waren keine Fans der berühmten Chicago Deep Dish Pizza. Diese Pizza gleicht eher eine Torte als einer Pizza und ist einige Zentimeter hoch. Gefüllt ist sie hauptsächlich mit Käse und Tomatensoße, was nicht nur dazu führt, dass sie besonders ungesund ist, sondern auch, dass man gleich voll ist. Wir haben zu zweit keine Pizza gemeinsam wegessen können und konnten das Wort Pizza ganz drei Tage lang nicht hören ohne dass uns gleich wieder schlecht wurde 😉 Zum Glück können wir nun aber wieder Peters leckere Calzone genießen, also haben wir keine bleibenden Schäden davongetragen!
Fazit: Chicago ist eine tolle Stadt, die uns sehr überrascht hat! Man muss aber auch dazu sagen, dass das perfekte Wetter und die wenigen Touristen unseren Aufenthalt sicher positiv beeinflusst haben. Falls wir noch einmal nach Chicago kommen sollten, würden wir uns auf jeden Fall ein Kajak ausborgen und damit am Chicago River auf und ab fahren.
































































What else…?
Herbst: Der Herbst hat uns nun voll im Griff und die Blätter sind gerade wunderschön. Die Hauptfarbe hier in Colorado ist gelb, da die meisten Laubbäume die berühmten Aspen (deutsch: Espen) sind. Leider ist es noch immer sehr trocken und es hat seit Juli (der eine Schneetag Anfang September ausgenommen) nicht mehr geregnet. Bis vor kurzem hatten wir noch um die 30 Grad Celsius. Das führte dazu, dass ein Waldbrand bei uns in der Gegend noch immer nicht ganz gelöscht werden konnte. Er wird sogar immer schlimmer, da wir derzeit sehr starken Wind haben. An vielen Tagen merken wir den Rauch in der Luft und auch Asche liegt regelmäßig auf unserer Terrasse. Wir hoffen also noch immer auf Regen und darauf, dass die kühleren Temperaturen nun helfen, dass sie das Feuer eindämmen können.
Wahl: Hauptthema in den USA sind natürlich gerade die Präsidentschaftswahlen. Ich will jetzt nicht genauer auf dieses Thema eingehen, da hoffentlich sowieso jeder weiß, welchen Kandidaten ich nicht unterstütze und ich bin sehr froh, dass zumindest die Arbeitskollegen in meiner Abteilung Trump zu tiefst ablehnen. Ich wüsste nicht, ob ich mich sonst zurückhalten könnte und nicht täglich eine Diskussion mit ihnen anfangen würde 😉 Es ist wohl jeder froh, wenn diese Wahl endlich vorbei ist.
Tomaten: Wir haben noch immer Tomaten und sind sehr verwundert darüber, dass sie den Schnee und die Minusgrade Anfang September problemlos überstanden haben. Seitdem haben sie sogar wieder neue Tomaten ausgebildet, die gerade rot werden.
Greetings from the Caretakers 😊